Timo Peiter *my new life
Du bist erst gescheitert, wenn Du aufgibst

Cannabis- und Hanf-Öl

Mein Grundproblem, schon seit langer Zeit, sind Muskelkrämpfe und ein viel zu hoher Tonus (Muskelspannung). Beides tut mächtig weh. Verwechselt bitte nicht den "normalen" Wadenkrampf mit einem Krampf in einem Strang der Wade, bei dem der kleine Zeh eine ausgesprochen unnatürliche Haltung einnimmt und eine neue Dimension von Schmerz eröffnet.

Oder die dauerhaft zu hohe Muskelspannung. Da ziehen die Muskeln, bis die Kapsel im nächstbesten Gelenk einfach zu macht. Das tut noch fast nicht weh, im Vergleich zu den Maßnahmen, die ergriffen werden, damit die Kapsel wieder auf macht. Da kann meine Physiotherapeutin meine Schmerzarien schon vollkommen text-sicher mitsingen. Besonders, wenn die Kapsel so eine Riesenschüssel in der Schulter ist.

So kam es dann, dass ich schon im Internet über Cannabis und seine potentielle Wirkung in dem Umfeld gelesen hatte und auch von meiner Physiotherapeutin, die Frage nach Cannabis um auf dem Gebiet für Entlastung zu sorgen.

Da kommt mir Stefan Raab mit "gebt das Hanf frei" gleich in den Sinn. Mittlerweile ist Cannabis ja freigegeben, aber ganz so einfach ist das dann doch nicht. Das habe ich dann beim nächsten Regeltermin in der ALS Ambulanz erfahren:

Bevor ein medizinisches Cannabis verschrieben werden kann, muss erst ein "konventionelles" Mittel ohne Erfolg versucht worden sein. Cannabis ist dann die Alternative, das so genannte second line Medikament. Also gab es erst mal Baclofen, ein Muskelentspanner aus der Welt der Pharmaindustrie. Mit allen zu erwartenden Nebenwirkungen. Also erst mal langsam anfangen und die Dosis langsam steigern. Hat nicht lange gedauert und ich hätte beinahe nach der abendlichen Dosis die Treppe nicht mehr hoch geschafft, weil die Muskeln in den Beinen tiefenentspannt waren und irgendwie gar nicht bereit waren Stufen zu erklimmen. Also Dosis eine Stufe runter und probieren, was passiert. 

Es war fast zu erwarten. Morgens wach werden - Wadenkrämpfe - nicht mehr ganz so heftig, aber weit weg von angenehm. Beim Schuhe ausziehen Krämpfe in den Beinen und den Händen. Kurz: Baclofen ist für meine Probleme keine Lösung.

Also ging der erste Antrag auf Kostenübernahme für ein Cannabismedikament an die Krankenkasse - und das dauert... mittlerweile kann ich sagen, aus Erfahrung.

In der Zwischenzeit sind wir erst mal in Urlaub gefahren. Bella toscana - und ich habe ganz eigensinnig einfach mal alles abgesetzt. Keine Edaravone-Infusion in der Zeit, kein Riluzol und kein Baclofen. Mein Körper sollte schließlich auch Urlaub haben und den hat er dadurch auch bekommen:

Durch das Absetzen vom Baclofen, hat sich zwar lediglich meine muskuläre Situation wieder normalisiert. Die Beine hatten plötzlich wieder Kraft. Aber ohne Riluzol hat sich von Haarausfall, über Appetit bis hin zum Stuhlgang alles normalisiert, was sich über Monate so eingeschlichen hatte. Also Urlaub in jeder Beziehung und der Beschluss ohne Riluzol und Baclofen auch nach dem Urlaub weiter zu machen.

Dann stand der Tagesausflug an, der zum überraschenden Startpunkt für mein Leben mit Cannabis wurde. Wir fuhren an die Küste nach Viareggio. Das Ziel natürlich ein Tellerrestaurant und ausgesprochen gutes Essen mit allem, was im Meer so zu finden ist. 

Auf dem Rückweg dann ein Abstecher nach Lucca, sehr zu empfehlen, eine tolle Altstadt, um die man auf der Stadtmauer spazieren gehen kann.


Vor einer kleinen Bar mitten in Lucca,

vertieft in mein Getränk.






 Aber der entscheidende Moment war dann purer Zufall. Ich musste kurz warten und stand mit dem Rücken vor einem Laden, bei dem wir erst beim weitergehen ein riesiges Cannabis-Blatt auf dem Schaufenster sahen. Der Laden hieß "Glass and Green" und wir gingen mit Null Vorbereitung rein. Es gab dann eine ausgiebige Beratung und wir sind mit den ersten 30ml eines Hanföls aus dem Laden raus. Zugegeben, trotz guter Beratung, blieb ein ausgesprochen mulmiges Gefühl im Bauch. Ein Hanföl in der Tasche... auf welcher Seite der Grenze zur Legalität stehen wir eigentlich gerade? Ich sah mich schon in Italien verhaftet wegen Drogenbesitzes. Ist aber gut gegangen.

Also habe ich zurück vom Ausflug, erstmal das Internet befragt, was ich da gekauft habe, ob das legal ist, wie man seine Dosis findet, und, und, und. Kurz zusammengefasst: alles legal, weil kein THC enthalten ist, sondern nur CBD und CBDa, und eine "Anleitung" wie man seine Dosis findet. Sogar die erste Erkenntnis, an einen vorbildlichen Hersteller geraten zu sein. Das Öl war endoca raw hemp oil 3% und man kann sich die Laborergebnisse seines Öls sogar online herunterladen. Der Hersteller hat sogar eine Stiftung bei der es sich wirklich lohnt mal rein zu schauen:   https://www.endoca.com/de/endoca-stiftung

Meine Begeisterung für das Öl hat aber einen einfachen Grund. Es funktioniert! Schon im Urlaub waren die Krämpfe komplett weg, ganz ohne Nebenwirkungen. Das Öl hat bis heute seinen festen Platz in meiner Medikation.

Nach dem Urlaub kam dann die Zusage der Krankenkasse und die ersten drei Fläschchen Sativex zogen in unseren Kühlschrank ein. Also erst mal schlau machen. Bei Sativex ist das Verhältnis zwischen THC und CBD 1:1. Wie ihr hier schon merkt hieß das aber auch: erst mal mit den Begriffen auseinander setzten THC, CBD, CBDa und mit der Dosierung wieder langsam anfangen und steigern. Und da lauerte schon das große Problem. Sativex kommt in kleinen Dosen mit Sprühkopf. Dieser Sprühkopf muss mit ziemlich kräftigem Impuls nach unten gedrückt werden um den Sprühstoß auszulösen. Genau das ist aber mit nachlassender Kraft in der Hand einfach nicht möglich. Und um auf meine Dosis CBD zu kommen müsste ich täglich sieben Sprühstöße in meine Mundhöhle abfeuern. Also auch keine Lösung. Per EMail mit der ALS Ambulanz auch schnell erfahren: ich bin natürlich nicht der einzige Patient mit dem Problem.

Also folgte ein neuer Antrag an die Krankenkasse, etwas Wartezeit und dann zog ein kleines Fläschchen mit Dosierspritze in den Kühlschrank ein. Diesmal Tilray (ein canadischer Hersteller) THC25. Das erste Cannabis Vollextrakt in Deutschland. Heißt: alle Wirkstoffe aus der Cannabis-Blüte sind in dem Öl enthalten. Hieß aber auch noch schlau machen über Terpene und die Zusammenwirkungen.  Erste Resultate aus dem Internet: scheint perfekt zu sein. Das neue Öl enthält verhältnismäßig wenig CBD, so brachte das vorübergehende Absetzten meines Raw Hemp Oil wieder Krämpfe. 

Heute nehme ich beide Öle parallel und habe meine Dosis für beide gefunden. Ergebnis: kaum noch Krämpfe und die Schmerzen in der Schulter sind irgendwo zwischen weg und erträglich. Zum erste Mal seit knapp einem halben Jahr.




Gästebuch/Kommentare