Timo Peiter *my new life
Du bist erst gescheitert, wenn Du aufgibst

Eine Woche Hunsrück Klinik (PEG)

Ich hatte seit Anfang Dezember mit extrem zähem Schleim im Rachen zu kämpfen. Wobei der Kampf eher bei Essen und Trinken stattfand, denn hier sorgte der Schleim mit erschreckender Häufigkeit zu heftigem Verschlucken und der Spaß an Essen und Trinken war schnell vorbei.

Das führte, in Kombination mit privaten Problemen, zu einem Gewichtsverlust, was bei meinem schon immer geringen Gewicht schon als kritisch bezeichnet werden könnte. Besonders, weil auch (heute weiß ich es) deutlich zu wenig Flüssigkeit durch meine Nieren gelaufen ist. Übrigens mit erstaunlichen Auswirkungen am ganzen Körper.

Konsequenz - eine Magensonde, genauer eine PEG (perkutane endoskopische Gastrostomie) Sonde über die ich sowohl Nahrung, als auch Flüssigkeit direkt in den Magen bekomme.

Also ging es mit der Unterstützung meines Hausarztes (danke Axel) fast spontan in's Krankenhaus. Diesmal die Hunsrück Klinik in Simmern. Antritt morgens zwischen 9 und 10 - nüchtern. Praktisch, da spart man sich das Frühstück und kann länger im Bett liegen bleiben.

Also waren wir um 09:45 Uhr am Krankenhaus und um 09:55 Uhr an der Anmeldung der Inneren Abteilung. Nach dem notwendigen Chaos aus Bürokratie, Verwaltung und Organisation ging es vom Wartesaal in eine Art Aufnahmezimmer. Hier gab es dann diverse Eingangsuntersuchungen - wobei auch mein Hinweis auf meinen Port überhaupt kein Problem aufwarf und auch die Portpflege vorbildlich ablief -  , danach das Aufklärungsgespräch für den Eingriff. Als danach klar war, dass der Eingriff erst am nächsten Tag stattfinden soll, gab es dann ein extrem verspätetes Frühstück.

Erst am Nachmittag stand der Einzug in mein stationäres Zimmer an. Kurz zusammengefasst: Sehr schön ausgestattet und von den Schwester schön hergerichtet. So kann man das auf jeden Fall für ein paar Tage gut aushalten. Angekündigt waren drei bis vier Tage Aufenthalt.

Am nächsten Tag sollte der Eingriff stattfinden. Irgendwann vormittags, also wieder kein Frühstück und länger schlafen. Das hatte ich abends vorher schon besprochen, wurde eingesehen und hat perfekt funktioniert. Im Krankenhaus! Mit mindestens einem Schichtwechsel dazwischen! - für mich eine ganz neue positive Erfahrung und es sollte nicht die letzte sein.

Um kurz nach acht stand dann eine Schwester in meinem Zimmer mit der Patienten-OP-"Bekleidung" zur Abholung für den Eingriff. Also noch schnell alle Wertsachen eingeschlossen, den Schlüssel bekam die Stationsschwester, und dann ging die Reise los.

Vor dem OP nochmal warten, das kenne ich ja schon, dann wurde ich rein geschoben.

Zunächst gab es einige Fragen - Richtiger Patient? Richtiger Eingriff? Allergien? Zugang? Ah Port! Dann diverse Vorbereitungen, beginnend mit der Rasur des betroffenen Bereichs des Bauches. Wenigstens wollte mir hier keiner an den Bart. Aber ich scheine trotzdem einen kritischen Blick aufgesetzt zu haben. Denn die Dame die den Rasierer über meinen Bauch spazieren führte, sagte "die wachsen ja wieder nach".

 Vor meinem Bett stand ein Mann mit Glatze, der sich später als der Arzt herausstellte, der den Eingriff bei mir durchführen sollte. Der fuhr darauf mit seiner Hand über seine Glatze und meinte nachdenklich grinsend "das haben die mir auch erzählt."

Heute kann ich sicher sagen "die wachsen wieder nach" , immer wieder schmerzhaft bewiesen, wenn das Pflaster über dem "Loch" im Bauch ab muss und jedes schon nachgewachsene Haar das Pflaster festzuhalten versucht. Aber zurück zum Krankenhaus.

Kurz darauf war ich dann schon in Narkose - Filmriss - bis zum wieder wach werden und der Rückreise in mein Zimmer. Zum wieder wach werden brauchte ich wohl irgendwie länger als normal. Das hatte den unangenehmen Nebeneffekt, dass es zunächst nichts zu essen, aber viel schlimmer, nichts zu trinken gab. 

Die Flüssigkeit gab es dann nachmittags per PEG Sonde in Form von Wasser. Abends wurde schon der erste Nahrungsbeutel angehängt, ein Beutel mit 500ml Inhalt und 1000 Kalorien. Zur Gewöhnung des Magen-Darm-Traktes ganz langsam, mit 25ml pro Stunde. Ansonsten ist an dem Tag nichts mehr passiert.

An den folgenden Tagen war die Stimmung gut, zumindest bei mir im Zimmer, viele sehr angenehme Besucher und eine hervorragende  Betreuung. Pflegeberatung und Ernährungsberatung waren schnell da , später wieder verfügbar und sehr informativ.

An einem Tag konnte ich dann in den Vorführmodus wechseln. Ich hatte bis dahin jeden Tag zweimal inhaliert und meinen Hustenassistenten dabei. Der fiel einem der Ärzte bei der Visite auf - ein UMG, ein unbekanntes medizinisches Gerät - was den Chefarzt auch gleich interessierte. Also Aufbau des Gerätes und die Vorführung vor der versammelten Medizinkompetenz konnte losgehen. Ziemlich unspektakulär fand ich, aber man notierte sich Hersteller und Modell zur weiteren Erforschung.

Irgendwann kam dann die Frage nach der Versorgung zuhause. Heißt Infusionsständer, Pumpe, Überleitgeräte, Wasserbehälter, Nahrung, Material zur Wundversorgung und natürlich wer macht das alles bei und mit mir?

Normalerweise wird das alles im Vorfeld des Eingriffs organisiert, aber dieses Vorfeld gab es bei mir nicht, war halt sehr spontan. Also war nichts vorbereitet und meine Entlassung erstmal verschoben, bis das alles geklärt, organisiert und zuhause startklar ist.

Aber auch dafür gibt es einen Ansprechpartner in der Hunsrück Klinik, der das alles, auch mit der Krankenkasse, klärt und organisiert. Der auch zu einem nach hause kommt, das ganze Gedöns aufbaut und erklärt. Der zeigt, wie die Wundversorgung gemacht wird und der als Ansprechpartner nach dem Krankenhaus zur Verfügung steht. 

Allerdings wurden so aus geplanten drei bis vier Tagen, am Ende sieben Tage Krankenhausaufenthalt inklusive Wochenende.

Doch gerade das Wochenende war sehr positiv. Die Betreuung war irgendwie persönlicher und der Aufenthalt hat sogar Spaß gemacht. Denn über Nacht hatte es geschneit und tagsüber kam eine Schwester in mein Zimmer geschneit, auf der Hand ein kleiner Schneemann, den eine andere Schwester gebaut hatte. Statt Besen eine Spritze in der Hand, statt Zylinder eine Kopfbedeckung aus Verband, als Augen zwei Rosinen, die Nase eine Verschlusskappe... um sein Überleben zu sichern wurde er auf das Geländer des Balkons vor meinem Fenster gestellt. Ich habe mich über diese schöne Geste sehr gefreut und den Anblick tagsüber sehr genossen. Aber seht selbst:


Leider sind die Temperaturen in der folgenden Nacht in Bereiche geklettert, die dem kleinen Kerl vor meinem Fenster keine Chance auf überleben ließ. Der gesamte Schnee war einfach weg. Da ich das aber schon befürchtet hatte, habe ich mich von dem kleinen Schneemann beim zuziehen der Gardinen mit einem Winken verabschiedet.






Dann kam der Montag, an dem ich schon vor der Morgenvisite wusste, dass die Vorbereitungen gemacht waren. So ließ ich bei der Visite keine Zweifel an meiner Entlassung aufkommen. Die Ärzte waren auch schnell meiner Meinung und waren guter Dinge, daß ich mittags nicht mehr hier wäre.

Leider kamen die Zweifel bei mir kurz darauf wieder. Ich hatte am Abend zuvor bei einem Hustenanfall die Kontrolle über meinen linken Arm verloren und mit der Hand heftig und sehr schmerzhaft gegen den außen liegenden Teil der PEG Sonde geschlagen. Die Schwester abends war sich sicher, dass da nichts passieren kann.

Nach der Visite entdeckte ich Blut an meiner Bettdecke. Der Ursprung war schnell gefunden, es kam unter dem Pflaster der PEG Sonde raus, wo der Schlauch rausgeführt wurde. Die dazu gerufene Schwester hat das Pflaster geöffnet und es war sofort erkennbar, dass auch die Kompresse eine deutliche Rotfärbung angenommen hatte. Die Schwester stellte die Pumpe für meine Nahrung ab und zog los um den Arzt zu rufen.

In der Wartezeit nahm meine Hoffnung auf Entlassung den gleichen Weg wie der Schneemann in der Nacht. Sie schmolz dahin.

Der Arzt, der kam, war günstiger Weise der, der mir die Sonde in mich eingebaut hat. Pflaster ab, die Klemme auf, den Schlauch in mich rein geschoben und wieder rausgezogen, ein wissender Blick und es folgte eine beruhigende Aussage. Der Schlauch ist leichtgängig, da ist ein schöner Bluterguss. Sie haben den Schnitt wieder etwas aufgerissen. 

Die Klemme wieder geschlossen und weg war er wieder. Die Schwester hat das Blut abgewischt, neu abgedeckt, wieder zugeklebt und die Pumpe wieder eingeschaltet. Meiner Entlassung stand nichts im Weg und fand kurz vor Mittag statt.

Noch ein Wort zum Schleim. Seit der PEG kommt endlich wieder genug Flüssigkeit in meinen Körper und mittlerweile ist klar, dass der zähe Schleim ein Ergebnis von zu wenig Flüssigkeit war. Ein sehr gutes Gefühl, seit er weg ist.



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